Operationelles Hochwassermanagement in großräumigen Extremsituationen am Beispiel der Mittleren Elbe

Projektlaufzeit: 2005-2009

Auftraggeber:  BMBF (RIMAX-Förderinitiative)

In Zusammenarbeit mit:  

  • Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt (LHW)
  • Landesamt für Umwelt und Geologie des Freistaates Sachsen (LfUG)
  • Stadt Dessau, Dezernat Bauwesen und Umwelt
  • Beffa Tognacca GmbH, Schwyz (CH)
  • Institut für Meteorologie und Klimaforschung, Forschungsbereich Troposphäre (Universität Karlsruhe)
  • Institut für Wasser und Gewässerentwicklung, Bereich Wasserwirtschaft und Kulturtechnik – Abteilung Hydrologie (Universität Karlsruhe)
  •  Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik, Abteilung Erddammbau und Deponiebau (Universität Karlsruhe)

Veranlassung / Zielsetzungen:

  • Erstellung eines operationell einsatzfähigen Modellwerkzeuges zur Simulation extremer Hochwasserabflüsse in komplexen Flussgebieten am Beispiel der Mittleren Elbe bei Dessau
  • Hierbei: Berücksichtigung von Flutungen und Versagensszenarien (Überströmung, Deichbrüche) sowie deren Auswirkungen auf den Verlauf der Hochwasserwelle
  • Koppelung ein- und zweidimensionaler hydrodynamisch-numerischer Verfahren und deren Integration in eine GIS-gestützte Fachschale für den Katastrophenschutz

Methoden/Entwicklung:

  • Erstellung eines hoch aufgelösten 2D-HN-Modells als Referenzmodell
  • Analyse vereinfachter bzw. gekoppelter Modellansätze zur Reduzierung der Rechenzeit unter Berücksichtigung anwendungsorientierter Gütekriterien
  • Entwicklung von Benutzeroberflächen für den operationellen Modellbetrieb (Katastrophenfall) bei den zuständigen Behörden.
  • Operationelle Schnittstellen zu den Teilprojekten „Hydrologische Modellierung“ und „Deichinformationssystem“

Zwischenergebnis:
In der bisherigen Projektbearbeitung wurden unterschiedliche HN-Simulationsverfahren auf ihre operationelle Einsatzfähigkeit hin getestet. Als Referenzmodell wurde ein hoch auflösendes 2D-Modell erstellt und anhand der abgelaufenen Hochwasserereignisse 1995, 2002 und 2006 kalibriert und validiert.

(1) 1D-Modell: Über die Modellierung des Untersuchungsgebietes mittels eines vermaschten 1D-Modells kann eine schnelle Verfügbarkeit der Berechnungsergebnisse gewährleistet werden. Allerdings konnte selbst bei abflussabhängig kalibrierter Rauheit keine ausreichende Abbildungsgenauigkeit für zuvor unbekannte Zustände erreicht werden. Dies liegt vor allem an den wechselnden Strömungsverhältnissen auf den Vorländern sowie den verfahrensbedingt nicht berechenbaren Querströmungseffekten.


(2) Rechenzeitoptimiertes 2D-Modell: Eine Optimierung der bekannten 2D-Modelltechnik konnte durch verbesserte Abbildung der Geländeinformationen in den Rechennetzen erreicht werden. Dies war möglich durch Verdichtung und adaptive Anpassung der Zellen an die Geländekanten und an Zonen mit hohem spez. Abfluss und Ver-größerung der Zellen in gering durchströmten Bereichen. Auf diese Weise konnte die Rechengeschwindigkeit um Faktor 10 gesteigert werden, ohne dabei größere Abstriche in der Abbildungsgenauigkeit in Kauf nehmen zu müssen.

(3) Partial Discharge Methode: Dabei handelt es sich um ein vereinfachtes 2D-Verfahren, das nur anhand von Gefälle-Informationen der Topografie eine Verteilung des Abflusses und der Wasserspiegellagen ermittelt. Die Testrechnungen zeigten ausreichend genaue Ergebnisse, allerdings mit nur gering verkürzter Berechnungsdauer.

(4) Gekoppeltes 1D/2D Modell: Durch Implementierung mehrerer 1D-Modelle innerhalb des 2D-Modells und der damit einhergehenden Reduktion der Zellenzahl, insbesondere im Elbe-Flussschlauch, konnte die Rechenzeit nochmals deutlich verkürzt werden. Das Modell beinhaltet alle unter (1) und (2) beschriebenen Optimierungsverfahren und ist in der Projektstrecke (Fließlänge der Elbe 60 km, Gesamtfläche 140 km²) voll einsatzbereit, wobei noch geringes Optimierungspotenzial besteht


Ausblick:

Mit der Erstellung des gekoppelten 1D/2D-Modells für das Projektgebiet ist eine wesentliche Grundlage für gekoppelte Szenarienrechnungen in der "Prozesskette Hochwasser" gelegt. Hierzu werden in der weiteren Bearbeitung die Schnittstellen zu TP 2 (Hydrologie) und 4 (Flussdeiche) entwickelt und umgesetzt. Weiterhin werden Schnittstellen zur Integration in ein GIS programmiert. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der intuitiven Bedienbarkeit, den Eingriffsmöglichkeiten in die Modellgeometrie sowie der schnellen Verarbeitung und Abfrage sehr großer zeitlich variabler Rasterdatenmengen, die durch die Berechnung entstehen. Die Datenverwaltung, Abfrage und Verarbeitung soll systemunabhängig bleiben. Die Integration dieser Module in die weit verbreitete GIS-Softwarefamilie von ESRI oder auch Open Source Produkten soll über die jeweiligen Programmierschnittstellen erfolgen.


Bisherige Veröffentlichungen:

Oberle, P., Merkel, U. (2007): Urban flood management simulation tools for decision makers; Eds.: R. Ashley et al.: Advances in Urban Flood Management, London : Taylor & Francis 2007, pp. 91-121
Merkel, U., Kron, A., Oberle, P. (2007): Combined 1- and 2-dimensional numerical modelling techniques for operational flood simulation in complex river systems. Case study Middle; Elbe Special Aspects of Urban Flood Management, Proc. Cost Session Aquaterra Conference 2007, 7-9 Feb. 2007, (Hamburger Wasserbau-Schriften 7, 2007), pp. 241-264


Ausschnitt des Modellgebietes / Unstrukturiertes 2D-Berechnungsgitter mit reduzierter Auflösung (das Gewässerbett wird über einen 1D-Ansatz erfasst)